Archiv der Kategorie: Allgemein

After Monoculture

22.04 – 18.06.2023
Kuratorin: Lisa Rosendahl
Künstler:innen: Jakob Jakobsen, Åsa Sonjasdotter, Marcelina Wellmer

Der Begriff Monokultur wird häufig in der Landwirtschaft verwendet, wo er für groß angelegte Plantagen und die Standardisierung von Kulturen zur Maximierung von Erträgen und Gewinn steht. In der Ausstellung wird der Begriff verwendet, um auf einen umfassenderen kulturellen Zustand hinzuweisen, der mit aktuellen Sozial- und Umweltproblemen und verschiedenen Formen von Aussterben und Homogenisierung zusammenhängt. Die Ausstellung versammelt Werke von drei Künstlern, die alle die standardisierenden Auswirkungen der Massenproduktion hinterfragen – sei es in Bezug auf die Natur, die Kultur oder die menschliche Subjektivität. Die Werke thematisieren, wie produktivistische Vorstellungen, die sowohl auf den Menschen als auch auf die Erde angewandt werden, Traumata verursachen, und rufen zu Akten des Widerspruchs und der Heilung auf. Der Titel der Ausstellung, After Monoculture, bezieht sich sowohl auf das Leben im Gefolge der Ideale und Technologien der Monokultur als auch auf den Wunsch, dieses Paradigma zu überwinden.

Marcelina Wellmers Video Solid Landscapes (20 min Loop, 2022) ist ein Porträt einer scheinbar endlosen Industrielandschaft. Das Video beginnt im Norden Deutschlands, bei den riesigen Containerdepots, die Städte wie Berlin mit den globalen Versorgungsleitungen verbinden, wandert dann nach Norden zu schwedischen Eisenminen, in denen die Rohstoffe für die Herstellung von Konsumgütern abgebaut werden. Die Umgebungen, die die Kamera einfängt, sind unheimlich und menschenleer – ganz und gar von wirtschaftlichen Interessen und technologischen Fortschritten geprägt. Aus der Vogelperspektive wirft der Film die Frage auf, ob die Landschaften tatsächlich real sind oder eher Vorboten einer dystopischen Zukunft. Wellmer zeigt auch eine Reihe von digital manipulierten Fotoanimationen, Lost Landscapes (2023). Hier spiegeln sich die Logos von im Norden tätigen Rohstoffunternehmen, wie dem Energiekonzern Vattenfall und den Bergbauunternehmen LKAB und Kaunis Iron, in den von ihnen ausgebeuteten Landschaften. Die ikonischen Gebirgslandschaften, die oft als „Europas letzte Wildnis“ bezeichnet werden, zittern wie Fata Morganas und erscheinen wie leere Hüllen, von innen ausgehöhlt und dem Zusammenbruch nahe.

Åsa Sonjasdotters Dokumentarfilm Cultivating Abundance (60 Min., 2022) geht von der Erfindung einer modernen Methode zur Pflanzenzüchtung in Schweden in den frühen 1900er Jahren aus, die den Grundstein für die globale, monokulturelle Agrarindustrie legte, die wir heute sehen.

Der Film reflektiert die Folgen, die dieser methodische und ideologische Wandel für die menschlichen und nicht menschlichen Beziehungen hatte. Die an der Swedish Seed Association entwickelte Methode sollte sich transnational entscheidend auswirken und wurde als Beweis für patriarchalische und faschistische Ideale in Bezug auf „Natur“ und „Reinheit“ verwendet. Als Kontrapunkt verfolgt der Film die Bemühungen des Aktivisten und alternativen Pflanzenzüchters Hans Larsson, Getreidesorten zu rekultivieren, die mit der Einführung der monokulturellen Landwirtschaft aufgegeben wurden.

In Jakob Jakobsens Praxis wird psychische Gesundheit so verstanden, dass sie nicht nur unseren individuellen Körper, sondern die Gesellschaft als Ganzes betrifft. Das Krankenhaus für Selbstmedikation ist eine experimentelle Einrichtung, die mit kritischen Formen der Pflege und Therapie arbeitet. Das Projekt zielt darauf ab, die gewalttätigen Wurzeln und Praktiken des westlichen Gesundheitswesens offenzulegen und in Frage zu stellen, indem es dazu aufruft, der vom kapitalistischen System aufrechterhaltenen Spezialisierung und Trennung kollektive und alltägliche Formen entgegenzusetzen.

Mit dem Argument, dass auch das Kunstfeld von produktivistischen Vorstellungen und standardisierten Erwartungen bestimmt wird, trat Jakobsen 2021 von seiner Tätigkeit als bildender Künstler zurück. Die galerie weisser elefant zeigt eine Auswahl von Text- und Tonarbeiten, die bis zu seinem Rücktritt entstanden sind.

Die Arbeiten von Marcelina Wellmer entstanden im Rahmen des Künstleraufenthalts Lapland Air im Havremagasinet in Boden, Schweden, und wurden von Neustart Kultur unterstützt.

English Version

The term monoculture is commonly used within agriculture, where it signifies large scale plantations and the standardization of crops in order to maximize yields and profit. In the exhibition, the term is used to indicate a wider cultural condition, connected to current social- and environmental problems and different forms of extinction and homogenization. The exhibition brings together works by three artists who all question the standardizing effects of mass production–be it in relation to nature, culture or human subjectivity. The works address how productivist notions applied to both human and earth cause trauma, and call for acts of dissent and healing. The exhibition title, After Monoculture, refers both to life in the wake of the ideals and technologies of monoculture–and to the desire of moving beyond this paradigm.

Marcelina Wellmer’s video Solid Landscapes (20 min loop, 2022) is a portrait of a seemingly endless industrial landscape. The video begins in the north of Germany, at the vast freight container depots that connect cities like Berlin to global supply lines, then travels north towards the Swedish iron mines where the raw materials used to produce consumer goods are extracted. The environments caught by the camera, eerily devoid of people, are shaped entirely by economic concerns and technological advances. Using a bird’s eye perspective, the film leaves the viewer wondering if the landscapes are indeed real, or rather premonitions of a dystopian future. Wellmer also shows a series of digitally manipulated photographic animations, Lost Landscapes (2023), where the logos of extractive companies operating in the north, such as the energy company Vattenfall and mining companies LKAB and Kaunis Iron, are mirrored in the landscapes they exploit. Trembling like mirages, the iconic mountainscapes–often talked about as “Europe’s last wilderness”–appear to be mere empty shells, hollowed out from within and close to collapse.

Åsa Sonjasdotter’s documentary film Cultivating Abundance (60 min, 2022) departs from the invention in Sweden in the early 1900s of a modern method for plant breeding that lay the foundations of the global, monocultural agriculture industry that we see today. The film reflects on the consequences this methodological and ideological shift have had on human and more-than-human relations. The method developed at the Swedish Seed Association would come to have a decisive impact transnationally and was used as evidence to demonstrate patriarchal and fascist ideals regarding “nature” and “purity”. As a counterpoint, the film follows activist and alternative plant breeder Hans Larsson’s efforts to re-cultivate varieties of grain that were abandoned with the introduction of monocultural farming.

In Jakob Jakobsen’s practice, mental health is understood as involving not only our individual bodies, but society at large. The Hospital for Self Medication is an experimental institution that works with critical forms of care and therapy. The project aims to lay bare and challenge the violent roots and practices of western health care, calling for the specialization and separation sustained by the capitalist system to be countered by collective and everyday forms. Arguing that the art field is also defined by productivist notions and standardized expectations, Jakobsen resigned from being a visual artist in 2021. Galerie Weisser Elefant will show a selection of text- and sound pieces leading up to his resignation.

Künstler:innen:Veronika Christine Dräxler, Patrick Alan Banfield
Kurator:Marcus Boxler
Eröffnung: 16.02.2023, 19 bis 22 Uhr
Ausstellung: 17.02.2023 – 10.04.2023
Kuratorenführungen: 18.02. & 08.04, 14 Uhr, 24.03., 18 Uhr

Die Künstlerin ist anwesend / The artist is present. Mit dieser Ankündigung laden Galerien, Kunstvereine und Museen zu Eröffnungen und versprechen sich davon mehr öffentliches Interesse. Aber die Künstlerin beziehungsweise der Künstler ist durch seine Kunst ohnehin anwesend. Viel dringlicher stellt sich die Frage: Wer oder was ist sonst anwesend? Geister der Vergangenheit? Etwa Erzählungen von Übergriffen, emotionaler Erpressung und strukturellem Machtmissbrauch. Dies fördert „Chapters of Violence“ zutage.

Mit der Ausstellung stoßen die Künstler:innen Veronika Christine Dräxler und Patrick Alan Banfield gemeinsam mit der galerie weißer elefant einen gemeinschaftlichen Reflektions- und Aufarbeitungsprozess an, der sich mit misogynen Strukturen im Ausstellungsbetrieb auseinandersetzt und der weit über die Grenzen der Galerieräume hinausgeht. Ein Prozess, der multiperspektivisch geführt wird: weiblich, männlich, institutionell. Denn die Erfahrungen der Künstlerin sind das Resultat von Machtstrukturen, die ein kulturell einprogrammiertes Ungleichgewicht zwischen Mann und Frau erzeugen. Diesen Machtstrukturen wiederum liegen kollektive Traumata zugrunde. Sie sind das Ziel der Ausstellung. Das Trauma ist anwesend. Machtstrukturen, vor allem solche, die Ungleichheiten zwischen Geschlechtern befördern, existieren überall. Sie sind getarnt in Mustern, die Kultur und Gesellschaft reproduzieren. 

Das Getarnte muss sichtbar werden. 

Persönliche Erfahrungen von Trauma werden in der Ausstellung „Chapters of Violence“ in Bezug gesetzt zu inhärenten gesellschaftlichen Konventionen und Hierarchien. „Chapters of Violence“ ist die Momentaufnahme des Prozesses, kollektive Traumata, die zu der Konstruktion derselben institutionellen Rahmenbedingungen führten, in deren Handlungsrahmen die Ausstellung sich selbst ereignet, zumindest sichtbar zu machen. Gleichsam untersuchen die kombinierten Werke von Dräxler und Banfield  die innewohnende Ambivalenz der Symptome gesellschaftlicher Traumata: In welchem Verhältnis steht toxische Männlichkeit zu Softness und Verletzlichkeit? Zu wessen Lasten kann ein Heilungsprozess stattfinden und wer „bezahlt“ ihn – im ökonomischen wie im emotionalen Sinn. Die Ausstellung ist eine installative Anordnung, die alle Einzelwerke wie auch Räume in ein übergreifendes Konzept integriert. Banfields umfangreiches, filmisches Oeuvre sowie seine installativen Anordnungen medienbasierter Kunst korrespondieren erstmals vis-à-vis mit Veronika Christine Dräxlers Werken: Performativität trifft Kinematographie, Objekt- trifft Medienkunst. Erstmals entstanden in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Unternehmen ZigZagZurich | 4spaces neue Textilarbeiten beider Künstler:innen. 

Prozessorientiert ist die Ausstellung entwickelt worden mit dem Ziel, weibliche, männliche sowie institutionelle Perspektiven auf strukturelle Ungerechtigkeit einzubinden. Wie trägt Männlichkeit zu zwischengeschlechtlichen Ungleichheiten bei? Inwiefern konsolidieren institutionelle Rahmenbedingungen auf diesen Ungleichheiten fundierte Ungerechtigkeiten? Und wie sieht eine Form toxischer Weiblichkeit aus? Wie in einem Nervensystem beziehen sich die Galerie- und ehemaligen Wohnräume aufeinander, sind ineinander verwoben wie subjektive und intersubjektive Narrative, deren Grenzen in der Ausstellung aufgelöst werden. Der Ort, an dem diese abstrahierte Dichotomie am stärksten in Erscheinung tritt, ist zugleich der umfunktionierte Galerieraum: die Wohnung. 

Für die Ausstellung entstehen neue künstlerische Beiträge, kollaborative Arbeiten sowie Einzelwerke. Gemeinsam mit dem Patrick Alan Banfield hat sich Dräxler dem mit Gewaltgeschichten gefüllten Galerieraum genähert und eine Parallelstruktur mit äquivalenten Geschichten entwickelt, die in Installationen, Fotografien, Videoarbeiten, Skulpturen, (Wand-)Malereien und Sound-Werken erzählt wird.  

Link

Künstler:innen: Veronika Christine Dräxler, Patrick Alan Banfield
Kurator: Marcus Boxler
Eröffnung: 16.02.2023, 19 bis 22 Uhr
Ausstellung: 17.02.2023 – 10.04.2023
Kuratorenführungen: 18.02. & 08.04, 14 Uhr, 24.03., 18 Uhr

Die Künstlerin ist anwesend / The artist is present. Mit dieser Ankündigung laden Galerien, Kunstvereine und Museen zu Eröffnungen und versprechen sich davon mehr öffentliches Interesse. Aber die Künstlerin beziehungsweise der Künstler ist durch seine Kunst ohnehin anwesend. Viel dringlicher stellt sich die Frage: Wer oder was ist sonst anwesend? Geister der Vergangenheit? Etwa Erzählungen von Übergriffen, emotionaler Erpressung und strukturellem Machtmissbrauch. Dies fördert „Chapters of Violence“ zutage.

Mit der Ausstellung stoßen die Künstler:innen Veronika Christine Dräxler und Patrick Alan Banfield gemeinsam mit der galerie weißer elefant einen gemeinschaftlichen Reflektions- und Aufarbeitungsprozess an, der sich mit misogynen Strukturen im Ausstellungsbetrieb auseinandersetzt und der weit über die Grenzen der Galerieräume hinausgeht. Ein Prozess, der multiperspektivisch geführt wird: weiblich, männlich, institutionell. Denn die Erfahrungen der Künstlerin sind das Resultat von Machtstrukturen, die ein kulturell einprogrammiertes Ungleichgewicht zwischen Mann und Frau erzeugen. Diesen Machtstrukturen wiederum liegen kollektive Traumata zugrunde. Sie sind das Ziel der Ausstellung. Das Trauma ist anwesend. Machtstrukturen, vor allem solche, die Ungleichheiten zwischen Geschlechtern befördern, existieren überall. Sie sind getarnt in Mustern, die Kultur und Gesellschaft reproduzieren. 

Das Getarnte muss sichtbar werden. 

Persönliche Erfahrungen von Trauma werden in der Ausstellung „Chapters of Violence“ in Bezug gesetzt zu inhärenten gesellschaftlichen Konventionen und Hierarchien. „Chapters of Violence“ ist die Momentaufnahme des Prozesses, kollektive Traumata, die zu der Konstruktion derselben institutionellen Rahmenbedingungen führten, in deren Handlungsrahmen die Ausstellung sich selbst ereignet, zumindest sichtbar zu machen. Gleichsam untersuchen die kombinierten Werke von Dräxler und Banfield  die innewohnende Ambivalenz der Symptome gesellschaftlicher Traumata: In welchem Verhältnis steht toxische Männlichkeit zu Softness und Verletzlichkeit? Zu wessen Lasten kann ein Heilungsprozess stattfinden und wer „bezahlt“ ihn – im ökonomischen wie im emotionalen Sinn. Die Ausstellung ist eine installative Anordnung, die alle Einzelwerke wie auch Räume in ein übergreifendes Konzept integriert. Banfields umfangreiches, filmisches Oeuvre sowie seine installativen Anordnungen medienbasierter Kunst korrespondieren erstmals vis-à-vis mit Veronika Christine Dräxlers Werken: Performativität trifft Kinematographie, Objekt- trifft Medienkunst. Erstmals entstanden in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Unternehmen ZigZagZurich | 4spaces neue Textilarbeiten beider Künstler:innen. 

Prozessorientiert ist die Ausstellung entwickelt worden mit dem Ziel, weibliche, männliche sowie institutionelle Perspektiven auf strukturelle Ungerechtigkeit einzubinden. Wie trägt Männlichkeit zu zwischengeschlechtlichen Ungleichheiten bei? Inwiefern konsolidieren institutionelle Rahmenbedingungen auf diesen Ungleichheiten fundierte Ungerechtigkeiten? Und wie sieht eine Form toxischer Weiblichkeit aus? Wie in einem Nervensystem beziehen sich die Galerie- und ehemaligen Wohnräume aufeinander, sind ineinander verwoben wie subjektive und intersubjektive Narrative, deren Grenzen in der Ausstellung aufgelöst werden. Der Ort, an dem diese abstrahierte Dichotomie am stärksten in Erscheinung tritt, ist zugleich der umfunktionierte Galerieraum: die Wohnung. 

Für die Ausstellung entstehen neue künstlerische Beiträge, kollaborative Arbeiten sowie Einzelwerke. Gemeinsam mit dem Patrick Alan Banfield hat sich Dräxler dem mit Gewaltgeschichten gefüllten Galerieraum genähert und eine Parallelstruktur mit äquivalenten Geschichten entwickelt, die in Installationen, Fotografien, Videoarbeiten, Skulpturen, (Wand-)Malereien und Sound-Werken erzählt wird.  

(English version)

Artists: Veronika Christine Dräxler, Patrick Alan Banfield
Curator: Marcus Boxler
Opening: 16.02.2023, 19 bis 22 Uhr
Exhibition: 17.02.2023 – 10.04.2023
Curatorial Tours: 18.02. & 08.04, 14 Uhr, 24.03., 18 Uhr

‟The artist is present.” With this announcement, galleries, art associations, and museums invite visitors to openings and hope to attract more public interest. But the artist is present anyway through their art. A question is much more urgent: who or what else is present? Ghosts of the past? For example, narratives of assault, emotional blackmail and structural abuse of power. This is what „Chapters of Violence“ brings to light.

The artists Veronika Christine Dräxler and Patrick Alan Banfield initiate a joint process of reflection and reappraisal at galerie weißer elefant, which deals with misogynous structures in the exhibition business that go far beyond the boundaries of the gallery spaces. A process is conducted from multiple perspectives: female, male, and institutional. The artist’s experiences result from power structures created by the culturally programmed imbalance between men and women. These power structures, in turn, are based on collective traumas, which are the exhibition’s target. The trauma is present. Power structures, especially those that promote gender inequalities, exist everywhere. They are camouflaged in patterns that culture and society reproduce.

What is camouflaged must become visible.

Personal experiences of trauma are related to inherent social conventions and hierarchies presented in the exhibition „Chapters of Violence“. The exhibition is a glimpse of the process of disclosing collective traumas that led to the construction of the same institutional frameworks within which the exhibition itself takes place. At the same time, the combined works of Dräxler and Banfield examine the inherent ambivalence of the symptoms of social trauma: What is the relationship between toxic masculinity, softness and vulnerability? At whose expense can a healing process take place, and who „pays“ for it – in both an economic and emotional context? The exhibition is an installed arrangement that integrates all individual works and spaces into an overarching concept. Banfield’s extensive cinematic oeuvre and his installations of media-based art correspond for the first time vis-à-vis Veronika Christine Dräxler’s works: performativity meets cinematography, object meets media art. Additionally, new textile works by both artists have been created in collaboration with the Swiss company ZigZagZurich | 4spaces.

The exhibition has been developed in a process-oriented manner with the aim of integrating female, male and institutional perspectives on structural injustice. How does masculinity contribute to intersexual inequalities? To what extent do institutional frameworks consolidate injustices founded on these inequalities? And what does a form of toxic femininity look like? As in a nervous system, the gallery and former living spaces relate to each other, and are interwoven like subjective and intersubjective narratives whose boundaries are dissolved in the exhibition. The place where this abstracted dichotomy appears most strongly is also the converted gallery space: a home.

New artistic contributions, collaborative works, and individual works are created for the exhibition. Together with Patrick Alan Banfield, Dräxler has approached the gallery space filled with stories of violence and developed a parallel structure with equivalent stories that are told in installations, photographs, video works, sculptures, (wall) paintings and sound works.

Opening photographs by Stefan Hobmaier

GHOSTS

MIT NOA HEYNE & JENS BRAND

09.11.-04.02.23                                    

Die Ausstellung von Noa Heyne und Jens Brand – mit dem Titel GHOSTS – entstand nicht aus einer Zusammenarbeit in der Produktion der Werke, sondern aus einem konstruktiven Austausch. Es ging dabei weniger um das Aufteilen der Wände und Räume der galerie weisser elefant oder um visuelle Übereinstimmungen, sondern um einen Dialog, der Geister hervorrief. Während die Werke von Jens Brand fast die gesamte Galerie durch diskreten Klang bespielen, haben die Werke von Noa Heyne eine physische Präsenz und sind wie die Relikte seltsamer technologischer Maschinen zu verstehen. Jeder der beiden Künstler besetzt unterschiedliche Räume, dennoch schafft ihre Kombination in einer Ausstellung neue Bedeutungen.

Bei Jens Brand und Noa Heyne findet man Elemente eines gemeinsamen Vokabulars, so verwenden beide in ihren Werken Motoren (aber würde man denn Maler zusammenbringen, nur, weil sie mit Pinseln und Pigmenten umgehen?). In Noa Heynes Installation Satellite Cradel (2022), hauchen Motoren künstlichen Satelliten, die im großen Saal der Galerie gestrandet zu sein scheinen, Leben ein – aber wenn man ihre Bewegungen beobachtet, könnte man vielmehr von ihren letzten Atemzügen sprechen. Es sind Fragmente von Objekten, die auf den Boden gefallen sind und sich langsam mithilfe von Seilen, Laufrollen und Motoren fortbewegen. Die Motoren von Jens Brand wiederum sind kaum sichtbar, werden aber vom Künstler so eingesetzt, dass sie abstrakte Melodien „singen“. Die Arbeiten verbindet eine gewisse Ästhetik des Einfachen, Direkten, des Objekts, das so gezeigt wird, wie es ist. Die Technologie wird nicht in den Vordergrund gestellt, die Schweißnähte sind schroff, die Motoren sichtbar, ohne jegliche Form von Karosserie oder Suche nach übertriebener Raffinesse im Design. Die beiden Künstler fasziniert ein gewisses Low-Tech, das an die Anfänge der Industrie, an Experimente, Tests und Forschungen erinnert, viel mehr als fertige, abgeschlossene Produkte.

Es wäre aber auch denkbar, eine weniger formale, sondern eher konzeptuelle Verbindung zwischen den beiden Künstlern über die Idee des Science-Fiction zu finden. Manchmal führen uns Satelliten zurück zur Geschichte der Eroberung des Weltraums, zum Eintritt von Sputnik 1 in die Stratosphäre im Jahr 1957 und zur inspirierenden Kraft, die dieser Moment bei Romanautoren und Filmemachern auslöste. Fast zur gleichen Zeit, 1953, entdeckte Friedrich Jürgenson, dass er mithilfe eines Mikrofons, eines magnetischen Aufnahmegeräts und eines „Out of tune“-Radios mit Toten in Verbindung treten konnte. Diese wissenschaftlichen oder pseudowissenschaftlichen Entdeckungen hatten Auswirkungen auf viele Science-Fiction-Schriftsteller, und einige ihrer Bücher wurden verfilmt – kreativ (Stanisław Lems Solaris von Andrej Tarkowski) oder illustrativ (Frank Herberts Dune von Denis Villeneuve). Aber sie sind auch Teil unseres kollektiven Gedächtnisses – und es ist selbstverständlich, dass sich Künstler immer noch von ihnen inspirieren lassen.

Satelliten sind vor allem Kommunikationsinstrumente. Während Sputnik lediglich in regelmäßigen Abständen ein „BIP“ von sich gab, spielen diese seltsamen Flugmaschinen heute eine Rolle in unserem Alltag – vor allem seit dem Ausbruch zahlreicher Konflikte auf der Welt. Das Objekt der Phantasie, Symbol der Träume und der mit der Eroberung des Weltraums verbundenen Herrschaft, steht nun für Star Wars und militärisch genutztes Internet, GPS oder – immer noch – das Telefonieren. Den Aspekt der Kommunikation findet man auch in Jens Brands Werk door (2002), in dem 16 Motoren hinter einer Tür installiert sind. Der Besucher sieht zunächst nichts, aber hört eine Stimme, ein Flüstern, ein paar Worte oder auch Vogelgezwitscher. Er muss tiefer in den Raum hineingehen, um die Geräte zu sehen, eine Ansammlung von an der Tür angebrachten Kabeln und Mechanismen. Diese Zweckentfremdung von Maschinen – d. h. ihr Gebrauch für etwas, was sie eigentlich nicht tun sollten – ist auch der Ursprung der Forschungen von Friedrich Jürgenson, der über Radiowellen mit Toten in Verbindung trat. Die von Jens Brands Werk erzeugten Geräusche erinnern übrigens auch an die Aufnahmen des schwedischen Forschers. In diesem Sinne stehen die Werke von Jens Brand und Noa Heyne in direktem Zusammenhang mit Kommunikationstechnologien. Sie handeln von einer nicht ganz so fernen Vergangenheit und einer wenig angenehmen Gegenwart. Sie beschwören und enthüllen eine gewisse Poesie, die oft hinter wissenschaftlichen Utopien und technischen Errungenschaften verborgen ist. Aber in ihrem Flüstern oder ihren langsamen Bewegungen erinnern sie uns auch daran, wie schwierig es für uns Menschen ist, sich untereinander zu verständigen, zu kommunizieren (ob mit oder ohne Hilfe einer Maschine).

Letztendlich bieten Noa Heyne und Jens Brand dem Besucher zwei Werke mit einer seltsamen Art von Interaktivität. Wenn heute alle von virtueller und erweiterter Realität (VR & AR) sprechen, wird vergessen, dass es manchmal genügt, einen Körperteil unter einen Lichtstrahl zu halten oder mit den Händen an ein paar Strängen zu ziehen, um Objekte oder Kunstwerke zu aktivieren. Noa Heyne installiert so an einer Wand Schnüre, mit denen ein Satellitenarm im Nebenraum zum Leben erweckt wird – und der Besucher wird zum Puppenspieler (im Sinne desjenigen, der in einem Marionettentheater animiert), kann aber das Ergebnis, das seine Bewegungen erzeugen, gar nicht sehen. In einem anderen Raum hingegen projiziert Jens Brand das Bild des Fußbodens selbst auf den Boden – und wir müssen unter dem Licht hindurchgehen oder aufmerksam die leichte Verschiebung des Parketts unter unseren Schritten beobachten, um uns der Illusion bewusst zu werden. Diese beiden entwaffnend einfachen Werke, die ohne Motoren auskommen, zeigen, dass auch eine Anwesenheit der Lebenden notwendig ist, um Geister in Bewegung zu setzen.

Vor langer Zeit formulierte Marcel Duchamp: „A GUEST + A HOST = A GHOST“. Ihn interessierten eingängige Wortspiele und Geistesblitze, die Gedanken auslösen können, aber er vermittelt damit auch eine eindrucksvolle Definition des Dialogs und der Kommunikation. Der Gast spricht zum Gastgeber, der Gastgeber antwortet, sie tauschen sich über Ideen, Anekdoten und Erinnerungen aus und erschaffen dabei einen Geist. Wer von Jens Brand oder Noa Heyne ist hier der Gast? Wer ist der Gastgeber? Keiner der beiden Künstler nimmt eine führende Rolle ein, aber sie erschaffen gemeinsam und zwischen den Zeilen lebendige Geister.

Thibaut de Ruyter

[EN]

The exhibition GHOSTS, showing  works by Noa Heyne and Jens Brand, did not arise from a collaboration but from a constructive exchange. It was not so much a matter of dividing the walls and spaces of the galerie weisser elefant or of visual correspondences, but of a dialogue that evoked spirits. While Jens Brand’s works occupy almost the entire gallery through discrete sound, Noa Heyne’s works have a physical presence and can be understood as the relics of strange technological machines. Each of the two artists occupies different spaces, yet their combination in an exhibition creates new meanings.

In both artists’ works, one finds elements of a common vocabulary; for example, both use motors in their works (but would one bring painters together just because they handle brushes and pigments?). In Noa Heyne’s installation, Satellite Cradle (2022), motors breathe life into artificial satellites that seem to be stranded in the gallery’s great hall – but watching their movements, one could rather speak of their last breaths. They are fragments of objects that have fallen to the floor and slowly move forward with the help of ropes, pulleys and motors. Jens Brand’s motors, on the other hand, are barely visible, but are used by the artist in such a way that they „sing“ abstract melodies. The works are united by a certain aesthetic of the simple, the direct, the object shown as it is. The technology is not put in the foreground, the welds are rough, the engines are visible, without any work on the surrounding body or excessive sophistication in design. The two artists are fascinated by a certain low-tech, reminiscent of the beginnings of the industry, with experiments, tests, and research, much more than by finished, completed products.

But it would also be conceivable to find a less formal, more conceptual connection between the two artists via the idea of science fiction. Sometimes satellites take us back to the history of the conquest of space, to the entry of Sputnik 1 into the stratosphere in 1957 and to the inspirational force that this moment triggered in novelists and filmmakers. Almost at the same time, in 1953, Frederick Juergenson discovered that he could communicate with the dead with the help of a microphone, a magnetic recording device, and an „out of tune“ radio. These scientific or pseudoscientific discoveries had an impact on many science fiction writers, and some of their books were made into films – creative (Stanisław Lem’s Solaris by Andrei Tarkovsky) or illustrative (Frank Herbert’s Dune by Denis Villeneuve). But they are also part of our collective memory – and it is natural that artists still draw inspiration from them.

Satellites are first and foremost instruments of communication. While Sputnik merely emitted a „BIP“ at regular intervals, these strange flying machines now play a role in our everyday lives – especially since the outbreak of numerous conflicts around the world. The object of fantasy, symbol of dreams and of the domination associated with the conquest of space, now stands for Star Wars and militarily used Internet, GPS or – still – phone calls. The aspect of communication can also be found in Jens Brand’s work door (2002), in which 16 motors are installed behind a door. The visitor sees nothing at first, but hears a voice, a whisper, a few words or even birdsong. She has to go deeper into the room to see the devices, a collection of cables and mechanisms attached to the door. This misappropriation of machines – that is, their use for something they were not supposed to do – is also the origin of the research of Friedrich Jürgenson, who used radio waves to communicate with the dead. Incidentally, the sounds produced by Jens Brand’s work are also reminiscent of the Swedish researcher’s recordings. In this sense, the works of Jens Brand and Noa Heyne are directly related to communication technologies. They deal with a not-so-distant past and a less pleasant present. They evoke and reveal a certain poetry that is often hidden behind scientific utopias and technical achievements. But in their whispers or slow movements, they also remind us how difficult it is for us humans to interact with one another, to communicate (whether with or without the help of a machine).

In the end, Noa Heyne and Jens Brand offer the visitor two works with a strange kind of interactivity. When everyone talks about virtual and augmented reality (VR & AR) today, it is easy to forget that sometimes it is enough to hold a part of the body under a beam of light or pull a rope with your hand to activate objects or artworks. Noa Heyne, for example, installs ropes through a wall that bring a satellite sculpture in the next room to life – and the visitor becomes a puppeteer (the one who animates the puppet in a puppet theater), but cannot even see the outcome of his movements. In another room, Jens Brand projects the image of the floor onto the floor itself, and we have to walk under the light or carefully observe the slight shifting of the parquet under our steps to become aware of the illusion. These two disarmingly simple works, without motors, show that a presence of the living is also necessary to set spirits in motion.

Long ago, Marcel Duchamp formulated the equation „A GUEST + A HOST = A GHOST.“ He was interested in catchy puns and flashes of inspiration that can trigger thoughts, but in doing so he also conveyed a striking definition of dialogue and communication. The guest speaks to the host, the host responds, they exchange ideas, anecdotes, and memories, creating a spirit. Who of Jens Brand or Noa Heyne is the guest here? Who is the host? Neither artist takes a leading role, but they create living spirits together and between the lines.

Thibaut de Ruyter

 

 

 

 

 

 

 

DER ARCHÄOLOGISCHE GESTUS – CLARA BRÖRMANN

CLARA BRÖRMANN
DER ARCHÄOLOGISCHE GESTUS
14. 5. – 9. 7.2022

Im Gegensatz zur digitalen Kunst ist es das Privileg analoger Kunstwerke aus ähnlichem ‚Stoff‘ gemacht zu sein wie die Menschen. Ihre materielle Oberfläche atmet die gleiche Luft, ist ebenso angreifbar durch physische oder chemische Einflüsse, ihre Erscheinung verändert sich mit dem  wechselhaften Licht und der Bewegung ihres Betrachters.

Raum und Zeit als eng an die materielle und menschliche Konstitution angebundene Größen finden sich in Clara Brörmanns Werk auf verschiedenen Ebenen – von der an der Bildoberfläche ablesbaren, prozessualen Arbeitsweise, über die Bildstrukturen und den aus ihnen abgeleiteten Assoziationen bis zur Titelgebung.

„Ende und Anfang“, heißt das zentrale Werk dieser Ausstellung. Zwei hohe schmale Leinwände stehen dem Betrachter, menschlichen Maßen gleich, gegenüber und spiegeln einander in ihrem identischen Aufbau. In der Gesamtschau ergibt sich ein Kreis, der die Leinwände oben überwindet und unten von einer angeschnittenen weißlichen Sichel eingefasst wird. In warmen Orangetönen breiten sich innerhalb des nochmals visuell geteilten Kreises von vier achsensymmetrischen Punkten Strahlen aus, die sich nicht überlappen. Das ganze wird von einer dunkelblauen Rahmung gefasst, die sich über die Tiefe des Keilrahmens fortsetzt. Der grafisch exakt angelegten Linienführung der Bildstrukturen widersetzt sich eine raue und brüchige Faktur. Zwischen den Strahlen ist die graue Leinwand offengelegt, an den Bruchkanten zeigen sich die übereinanderliegenden Farbschichten.

Woran man sich auch erinnert fühlen mag, an eine abblätternde Fassaden-Reklame mit Sonnenaufgang am Strand oder an ein zerschlissenes, irisierendes Werk der Op-Art – es ist diese gebrochene Farbfaktur, welche das Bild in das Moment von materieller Vergänglichkeit, von Zeitlichkeit hineinzieht und lesbar macht als Resultat eines Prozesses, in dem die Farbe nicht als Illusionsmittel dient, sondern als Arbeitsmaterial der Malerei sichtbar wird.

Diese prozessuale Bilderscheinung bei Clara Brörmann geht auf eine spezifische Arbeitsweise der Künstlerin zurück, die einmal mit einer archäologischen Ausgrabung verglichen wurde. Wie eine Archäologin, die über viele Jahre abgelagerte Erdschichten von einem Artefakt löst, arbeitet sich die Künstlerin durch die materiellen und zeitlichen Schichten ihres Werks, legt diese und partiell mit der Leinwand den ‚Anfang‘ frei.

Wiederkehrend ist auch das Motiv des Kreises bzw. von Strahlen, die sich zirkelförmig von einem Zentralpunkt ausgehend ausbreiten und zugleich auf ihn zurückweisen. Die Deutung des Motivs als Sonne wäre insofern schlüssig, als diese auch in der Form eines Wagenrades die Ur-Symbolik für das Vergehen von Zeit darstellt. Der Ausgangspunkt der Künstlerin besteht hier allerdings im bildlichen Zusammenschluss zweier Ideen der Renaissance, welche den Menschen und seine Umgebung in idealen Proportionen zu erfassen suchte. Der vitruvianische Mensch konnte von Leonardo stimmig in Kreis und Quadrat gefügt werden, indem er ihnen jeweils einen eigenen, versetzten Mittelpunkt gab. Die gegeneinander verschobenen Strahlenkreise bei Brörmann weisen zudem auf die Konstruktion der Zentralperspektive, deren Projektionsstrahlen sich in einem gemeinsamen Fluchtpunkt bzw. deren Sehstrahlen sich im starren Augpunkt treffen. Indem die Künstlerin ihre Geometrien bricht, versetzt und umkehrt, bringt sie nicht nur das Auge des Betrachters in Bewegung. Das Bild als proportionales und physisches Gegenüber animiert den Betrachter seinen gesamten Körper in Bewegung zu setzen. Auf diese Weise werden die mehrschichtigen und mehrdimensionalen Aspekte von Clara Brörmanns Werken überhaupt erst richtig wahrnehmbar.

Und so ist es auch mit den menschlichen Pendants: Wollen wir uns wirklich erkennen, bewegen wir uns am besten gemeinsam in einem Raum, in dem dasselbe Licht auf unsere Körper fällt.

(Text von Dr. Cora Waschke)

Clara Brörmann (*1982) lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte Bildende Kunst bei Prof. Daniel Richter, Prof. Anselm Reyle und Prof. Robert Lucander an der Universität der Künste in Berlin.

Digital in Berlin 2022 x gwe

galerie weisser elefant x Digital in Berlin w/ Luciano Chessa, Lucio Capece, Lottie Sebes and Judith Hamann | 20.08 & 24.09.2022

Wir freuen uns riesig über die diesjährige Zusammenarbeit mit Digital in Berlin. Die Reihe findet an zwei Terminen in der galerie weisser elefant statt und präsentiert den italienischen Musiker und Komponisten Luciano Chessa, den argentinischen Bassklarinettisten Lucio Capece, die australische Cellistin Judith Hamann und die Klangkünstlerin Lottie Sebes.

Digital in Berlin ist eine Plattform für Musik zwischen Avantgarde, Popkultur und interdisziplinärer Kunst. Digital in Berlin unterstützt, berät und entwickelt kollaborative Kulturangebote, schafft Sichtbarkeit für sparten- und spartenübergreifende Veranstaltungen und hilft, kulturelle und künstlerische Potenziale wirtschaftlich besser zu nutzen. In den letzten Jahren hat Digital in Berlin mit den verschiedensten Kunstinstitutionen in der ganzen Stadt und der Region zusammengearbeitet – vom Kunsthaus Dahlem und dem Brücke-Museum bis zum Bärenzwinger im Köllnischen Park und der Galerie Bernau in Brandenburg.

Die Kooperation findet im Rahmen der Ausstellung modular 1-2 statt, welche verschiedene partizipative Projekte und Ansätze einlädt und versucht, sich vermehrt künstlerischen Prozessen zu widmet. Die Entwicklung von Modulen und Netzwerken basiert auf dem Konzept der Zusammenarbeit. Im Zuge solcher Kooperationen ermöglicht die zweiteilige Konzertreihe in Zusammenarbeit mit Digital in Berlin eine Plattform für eine Vielzahl neuer Formate und Partnerschaften für die Galerie.

Luciano Chessa ist Komponist, Dirigent, audiovisueller Künstler, Performance-Künstler und Musikhistoriker. Seine Aufführung „intensiv visueller Partituren“ in einem von ihm kuratierten Konzert für das New Yorker Roulette im vergangenen Dezember wurde von Anthony Tommasini, dem Chefkritiker für klassische Musik der New York Times, als „packend“ bezeichnet. Zu Chessas Kompositionen gehören Cromlech, ein großes Orgelstück, das er im Mai 2018 in der Town Hall in Melbourne als Teil eines Solo-Orgelkonzerts uraufgeführt hat, für das über 2.200 Tickets gebucht wurden; die Oper Cena oltranzista nel castelletto al lago – ein Werk, das experimentelles Theater mit Reality-TV verbindet und von den Darstellern über 55 Stunden Fastenzeit verlangte – und A Heavenly Act, eine Oper, die vom San Francisco Museum of Modern Art in Auftrag gegeben wurde, mit einem Originalvideo von Kalup Linzy.

Lucio Capece ist ein in Berlin lebender argentinischer Musiker. Neben seiner Soloarbeit als Komponist elektroakustischer Musik und perzeptiver Klangkünstler ist Capece seit mehr als zwei Jahrzehnten als Bassklarinettist und Sopransaxophonist aktiv und arbeitet in den Bereichen freie Improvisation und minimale Musikinterpretation. Er hat mit Musikern wie Mika Vainio, Vladislav Delay, Kevin Drumm, Olivia Block, Rasha Ragab und Katie Porter zusammengearbeitet, um nur einige zu nennen. Mit Veröffentlichungen bei Labels wie Editions Mego, Pan, Erstwhile und Mode. Hier ist sein Stück aus dem Jahr 2021, erschienen bei Entr’acte und Stellage, Epimoric Tide.

Judith Hamann ist eine Cellistin und Performerin/Komponistin aus Naarm/Birraranga (Melbourne), Australien, die jetzt in Berlin lebt. Judiths Aufführungspraxis erstreckt sich über verschiedene Genres, die Elemente der improvisierten, zeitgenössischen klassischen, experimentellen und populären Musik umfassen.

Lottie Sebes‘ Veritas Ventriloquist ist eine Performance- und Klangarbeit, die die historischen Verflechtungen von Geschlecht, Stimme und Technologie hinterfragt, transformiert und nutzbar macht. Im Mittelpunkt dieser Performance steht die Veritas Machine – eine laute, dynamische Frau-Maschine-Schnittstelle, die aus zerlegten und neu geschmiedeten Nähmaschinen besteht und als Instrument und Vokalsynthesizer neu konzipiert wurde.

ART CRIT NIGHT: HOLD MY CUP 4.8.+18.8.+1.9.+15.9.

Im Rahmen des Ausstellungsprojekts modular 1-2 wollen wir uns vermehrt dem Prozess und der künstlerischen Produktion widmen und laden Studierende, Kunst- und Kulturschaffende ein, ihre unvollendeten Arbeiten in der Reihe „Hold my Cup“ in der galerie weisser elefant zu präsentieren. Wir wollen eine offene und flexible Basis für Dialog, Fragen und Feedback sowie eine Plattform für interdisziplinäre und multiperspektivische Ansätze, Teilhabe und Begegnungen schaffen. Dazu laden wir Experten aus verschiedenen Disziplinen sowie Nachbarn und Interessierte ein, um gemeinsam über künstlerische Arbeiten zu sprechen, die noch im Entstehen sind. Ziel ist es, sehr unterschiedliche Arbeiten (ca. 3 pro Veranstaltung) zusammenzubringen und einen interdisziplinären Dialog zu ermöglichen. Malerei trifft auf Video, literarische Texte auf Fotografie, aus jeweils unterschiedlichen Perspektiven kann ein breiter Austausch entstehen, der bei schönem Wetter im Innenhof der Galerie stattfindet.

Du möchtest eine Arbeit präsentieren?

Schreib uns eine Mail an: mail@galerieweisserelefant.de

Konzept + Moderation: Patricia Detmering, Ariane Hakami & Lara Huesmann

[EN]

As part of the exhibition project modular 1-2, we intend to devote more attention to process and artistic production by inviting students, artists and culture professionals to present their unfinished works in the series „Hold my Cup“ at galerie weisser elefant. With this series we wish to create an open and flexible basis for dialogue, questions and feedback as well as a platform for interdisciplinary and multi-perspective approaches, participation and encounters. Invited are experts from various disciplines as well as neighbours and interested parties to discuss artistic works still in the making. The aim is to bring together diverse works (approx. 3 per event) and to facilitate an interdisciplinary dialogue. Painting meets video, literary texts meet photography, in each case a broad exchange can arise from varied perspectives. The events take place in the inner courtyard of the gallery when the weather is fine, otherwise meet us upstairs!

Would you like to present a work?

Send us an email at: mail@galerieweisserelefant.de

Concept + moderation: Patricia Detmering, Ariane Hakami & Lara Huesmann

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Crit Night// No 1

With: Any Angel, Jasmin Veeh & So Kanno

 

Foto: ©Ariane Hakami

Crit Night// No 2

With: Arlo Tomecek, Johannes Jakobi, Paula Carralero Bierzynska

Crit Night// No 3

With: Katrin Hunze and Skyler Hill

Crit Night// No 3

With: Nancy Görlach, Tabea Magura und Gwendolen v.d. Linde

Fotos: ©Ariane Hakami

HELL 2. 10. – 6. 11. 2021

ANNA NIEDHART – HELL

2. 4. – 7. 5. 2022

ERÖFFNUNG: SAMSTAG 2. 4. 2022 │ 17 – 21 UHR

Der Sonne Abend
Ist dem Schatten heller Tag
Warten auf die Nacht.

Anna Niedharts Malerei sowie ihre Zeichnungen sind bildgewordene Irritationen, die den Rissen an den Wendestellen von Ordnung und Chaos entströmen. Sie entstehen in halbautomatischen Handlungsprozessen mit freien Zeichenspuren und fließender Farbe auf Papier, Leinwänden und dem digitalen Screen und stehen für eine vibrierende Dialektik des Vagen und Konkreten.

Anna Niedhart studierte an der HBK Braunschweig und gründete Rainbow Unicorn, ein Kreativstudio mit Sitz in Berlin. Anna Niedhart stellte u.a. im Glue Berlin, xpinky Berlin, in der Sammlung Simonow sowie in der Kunsthalle Seoul, Südkorea aus.

VERMITTLUNG

2023

„Self-Portrait of War“: ART LAB for Ukrainian teenagers

This is a free workshop on creating plaster masks, connected to the current exhibition „The Artist as Prophet“. The masks shall help the participants to free themselves from their accumulated fear of war and the pain of leaving their home and loved ones. A mask is what we wear every day when we go out into society, we might hide our true feelings, thoughts and experiences. That can lead to the accumulation of negative emotions and stress with a strong effect on physical and psychological health.

After a tour through the exhibition, the workshop starts with a discussion round connected to the artworks with curator Tanya Stas and the artist Olena Legkoduh. In the second part of the workshop the participants will draw their own sketches of masks and start creating them. The next day, they will decorate them and make them into a group installation, which will be called „Self-Portrait of War“.

The workshop is free of cost and aimed at young people aged 12 and over.

Language: Ukrainian

Workshop leaders:
Tanya Stas: Curator & Visual Arts Director

Olena D.: Artist and teacher

When: 12.09-13.09 (Tuesday-Wednesday), 4-7 pm
Where: galerie weißer elefant, Auguststraße 21, 10117 Berlin

Contact for inquiries: vanessa.göppner@ba-mitte.berlin.de

Registrationhttps://forms.gle/jkpm7NVRv6yG2BJX6

Project supported by Bezirksamt Mitte von Berlin, Fachbereich Kunst, Kultur und Geschichte. Founded by Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt


„Self-Portrait of War“: ART LAB für junge Menschen ab 12 Jahre

In diesem Workshop zur aktuellen Ausstellung „The Artist as Prophet“ setzen sich die Teilnehmer*innen mit der Ausstellung und persönlichen Kriegserfahrungen auseinander und stellen unter künstlerischer Anleitung Gipsmasken her. Viele von uns haben das Gefühl, eine Maske aufsetzen zu müssen, wenn sie nach draußen gehen, um wahre Gefühle und Gedanken zu verbergen. Dies kann zu emotionalem Stress und körperlicher Anstrengung führen. Die Herstellung einer persönlichen Maske soll den Teilnehmer*innen die Möglichkeit geben, kriegsbedingten Ängsten und Erfahrungen rund um die Flucht aus der eigenen Heimat und dem Verlassen bzw. Verlust nahestehender Menschen eine Form zu geben und sich ein wenig davon befreien zu können.

Der Workshop beginnt mit einem Rundgang und einer Gesprächsrunde über die Kunstwerke mit der Kuratorin Tanya Stas und der Künstlerin Olena D. Im zweiten Teil des Workshops entwerfen die Teilnehmer*innen Skizzen für ihre Maske und fangen an diese herzustellen. Am zweiten Tag werden die Masken verziert, finalisiert und zu einer Gruppeninstallation mit dem Titel „Self-Portrait of War“ zusammengefügt.

Der Workshop ist kostenlos und richtet sich an junge Menschen ab 12 Jahren.

Sprache: Ukrainisch

Workshopleitung:
Tanya Stas: Kuratorin & Visual Arts Director
Olena D.: Künstlerin & Pädagogin

Wann: 12.09-13.09 (Dienstag-Mittwoch), 16:00-19:00 Uhr
Wo: galerie weißer elefant, Auguststraße 21, 10117 Berlin

Kontakt für Rückfragen: vanessa.göppner@ba-mitte.berlin.de

Anmeldunghttps://forms.gle/jkpm7NVRv6yG2BJX6

Ein Projekt des Fachbereiches Kunst, Kultur und Geschichte, Bezirksamt Mitte. Gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt


OPEN ART LAB: The Artist as Prophet

01.09.2023 & 09.09.2023

Am Freitag, den 01. September, sowie am Freitag, den 09. September 2023, findet eine offene Kunstwerkstatt im Rahmen der aktuellen Ausstellung „The Artist as Prophet“ statt.

Das Angebot mit der Künstlerin und Kunstpädagogin Maryna Lavrenyuk (in deutscher und ukrainischer Sprache) lädt Jugendliche ab 12 Jahren dazu ein, die Ausstellung gemeinsam zu betrachten, darüber zu reflektieren und anschließend mithilfe von Collagen und Zeichnungen eigenen Werke zu erschaffen, die von den Eindrücken der Ausstellung inspiriert sind.

Anmeldungen unter: vanessa.goeppner@ba-mitte.berlin.de

Ort: galerie weisser elefant, Auguststraße 21, 10117 Berlin

Der Besuch ist auch spontan möglich. Die Teilnahme ist kostenfrei.

2022

MAKING OF modular: Den Raum Beleben

Ein Workshop mit Mädea.

-Konzept von Gwendolen van der Linde-

Im Rahmen des Projekts modular 1-2 wollen wir den künstlerischen Prozess auch als Vermittlungsmöglichkeit für junge Menschen nutzen und zugänglich machen. Es geht um Teilhabe und einen offenen Austausch, Fragen stellen, Antworten reifen lassen, den zunächst leeren Raum mit Leben füllen. Passend dazu beschäftigen sich die geladenen Künstler*innen Ross Alexander, John Reardon, Valentina Karga und Gianluigi M. Masucci alle auf unterschiedliche Art mit dem öffentlichen Raum und versuchen partizipative Projekte zu verwirklichen.

An vier Tagen im August und September sind Exkursionen mit Mädchen verschiedener Altersgruppen des interkulturellen Zentrums MÄDEA am Gesundbrunnen zur galerie weisser elefant geplant um die eingeladenen Künstler*innen zu treffen und mit ihnen in einen Austausch zu kommen. Eingebettet sind diese Exkursionen jeweils in einen Vorbereitungs- und einen Nachbereitungs-Workshop, in dem sich die Teilnehmerinnen aus sehr diversen, oft kunstfernen Lebensräumen selber künstlerischen Prozessen und Fragestellungen widmen können. Hierbei soll den Teilnehmerinnen größtmögliche Freiheit in ihrem eigenen Ausdruck überlassen werden. Sie können tanzen, sie können malen, sie können Theater machen, sie können filmen, sie können kochen, sie können vor allem spielen und spielerisch Erleben und Beleben.

Zentraler Bestandteil des Workshops wird das Format des Interviews werden, indem jedoch die klassischen Rollen, wer wen befragt, wessen Antworten zählen und wer nur zuhört, hinterfragt werden. So sollen und dürfen die Mädchen einander befragen, die Künstler*innen befragen, und von den Künstler*innen befragt werden. Dadurch entstehen bunt gemischte Interviewformate, ein hoffentlich reger Austausch und ein Wegbewegen von den klassischen Frage-Antwort-Formaten und Dokumentationsmaßstäben. Es geht nicht um richtige oder falsche Fragen sondern vielmehr darum, die wertfreie Neugier für einander und für den öffentlichen Raum in uns allen zu wecken.

Im Sinne der Prozessorientiertheit gibt es als Produkt vor allem das Making Of, eine filmische Dokumentation dessen, was entsteht, wenn wir einander in diesem Kontext begegnen.

TEIL 1:

Daten: 10.08. & 17.08. (+ ein späterer Termin im Sept/Okt mit anderen KünstlerInnen)

Zeit: jeweils 4 Stunden

Ort: MÄDEA

In der Vorbereitungssitzung beginnen wir mit gegenseitigen Interviews: Was ist Kunst für euch? Habt ihr ein Lieblingswerk? Was habt ihr gesehen oder erlebt? Macht ihr selber gern Kunst? Die Mädchen werden auch aufgefordert eigene Fragestellungen zu entwickeln, was wiederum ihre Kreativität und Auseinandersetzung / Reflexionsgabe fördert.

TEIL 2:

Daten: 11.08. & 18.08. (+ ein späterer Termin)

Zeit: jeweils 4 Stunden

Ort: Galerie Weisser Elefant

Ergebnisoffen wollen wir erstmal den Raum wahrnehmen und schauen was da ist und was die Teilnehmenden daraus machen. Wir haben wieder eine Reihe möglicher Interview-Fragen für und mit den Künstler*innen und Teilnehmenden, denen wir uns wieder widmen können: Was seht ihr hier? Was macht das mit euch? Was gefällt, was gefällt nicht? Wie könnt ihr euch selber einbringen?

Mit den Künstler*innen in der Galerie wollen wir den Raum beleben, etwas filmen, was nachher zusammengeschnitten und im Raum wiederum präsentiert werden kann. Wir fragen auch die Teilnehmenden nach ihren eigenen Bedürfnissen. Die Mädchen werden so eingeladen sich selbst spielerisch mit künstlerischen Prozessen auseinanderzusetzen.

TEIL 3:

Daten: 12. & 19.08. (+ 1 späterer Termin)

Zeit: jeweils 4 Stunden

Ort: MÄDEA

In einer Nachbereitungssitzung schauen wir uns an, was wir gefilmt haben und beginnen ein Making Of zusammen zu schneiden, reflektieren das Geschehene und schließen mit einem gemeinsamen Abendessen ab.

Teil 4:

Abschlusspräsentation des MAKING OF in der Galerie Weisser Elefant.

Gwendolen van der Linde

Als freischaffende Filmemacherin und Medienpädagogin beschäftigt sich Gwendolen van der Linde, die den Workshop anleiten wird, vor allem mit Fragen nach Selbst-Bild/Repräsentation und Berührungs-Momenten im Miteinander mit und beim Film & Filmemachen. Wie können wir durch filmische Mittel von uns selber erzählen und einander auf diese Art näherkommen und besser verstehen lernen?

Diesen Fragen nachgehend, wurde bereits in den Monaten Juni und Juli das Projekt „MISS FALLEN“ im MÄDEA von und mit den Mädchen des Zentrums umgesetzt, sodass eine persönliche Bindung zu den Teilnehmerinnen bereits hergestellt ist. Auch im Projekt MISS FALLEN bildeten gegenseitige Interviews den Kern des filmischen Anliegens. Aus den Interviews entstanden wiederum (nach-)gespielte Szenen, in denen die Teilnehmerinnen ihre Erlebnisse reflektieren und selbstständig verändern und umdeuten durften. MISS FALLEN fokussierte darauf, was den Mädchen und jungen Frauen peinlich ist, und wie sie selbst gesehen werden wollen, und gab ihnen einen Raum miteinander darüber zu reflektieren.

Gwendolen van der Linde arbeitet seit 2021 mit dem Verein Juventus e.V. an medienpädagogischen Projekten an Schulen und Jugendclubs. Hier entstanden bereits viele fiktionale Kurzfilme unter ihrer Anleitung und stets nach Ideen der Jugendlichen selber. MISS FALLEN war ihr erstes selbst konzipiertes Projekt, auf das nun weitere folgen. Zuvor war Gwendolen van der Linde spartenübergreifend und interdisziplinär beschäftigt, als Produktionsassistentin bei verschiedenen Filmproduktionen und als Lehrbeauftragte an der Universität Hildesheim, an der sie ihren Bachelor und Master in den Kulturwissenschaften mit Hauptfach Medien absolvierte.

Mit Studierenden ging sie bereits ähnlichen Fragen nach und setzte Theater- und Filmprojekte zum Themenbereich Peinlichkeit, (filmische) Selbstdarstellung und intersektionalem Feminismus um. Auch ihre akademischen Arbeiten konzentrierten sich auf die Selbstdarstellung von Frauen in autobiografischen und autofiktionalen filmischen Werken. Als Filmschaffende hat sie viele eigene Kurzfilme, zuletzt von der nordmedia Filmförderung gefördert „Fegt Uns Weg“ (2020), sowie Auftragsproduktionen umgesetzt. Hier wurde ihr Interesse am Format Interview bereits 2014 durch ein universitäres Seminar mit Praxisanteil entfacht, innerhalb dessen sie den Utopival Mitmachkongress dokumentierte und faszinierende Persönlichkeiten interviewen durfte, wie den Postwirtschaftswissenschaftler Niko Paech und den „hartz 4-Möbel“-Architekten und Karma-Ökonom Van Bo Le-Mentzel. Diese Interviews (siehe YouTube) nahmen den Charakter eines gemeinsamen Gesprächs an. Dies ist nun auch die filmische Herangehensweise, mit der Begegnungen innerhalb dieses Workshops zwischen mutmaßlich sehr unterschiedlichen Menschen aus diversen Lebensräumen ermöglicht und gerahmt werden. Bestenfalls wird so jedem mit Stimme und Ohren möglich gemacht, gehört zu werden und zuzuhören.

2021

DIE STADT MALEN

Ein philosophisch-experimenteller Vermittlungsworkshop

18.10.2021 – 22.10.2021

„Wir suchen Spuren. Wir gehen vor und zurück. Wir nehmen uns Zeit. Wir denken uns weg. Wir denken uns hinzu. Wir tragen Schichten auf und ab. Wir übermalen. Wir legen frei. Wir verändern.Wir denken über das nach, was abwesend ist. Wir erschaffen neue Kontexte und erfinden alternative Funktionen. Wir erkunden den (Stadt-)raum und seine Sprache. Wir stellen Fragen. Wir widersetzen uns.“

In verschiedenen Aktionen innerhalb der Stadt und in der galerie weisser elefant näherten
wir uns experimentierend dem Werk des französischen Künstlers Matthieu Martin.
In dem Workshop ging es ums Erkunden und Ausprobieren, um Neugier und Lust
am Spielen und Gestalten. In Auseinandersetzung mit den Werken des Künstlers wollten
wir herausfinden, inwiefern Kunst zur Neuentdeckung des eigenen Alltags beitragen kann.
In Stadterkundungen haben wir auf möglicherweise bisher noch nicht bewusst
wahrgenommene Regeln und Strukturen aufmerksam gemacht, die den eigenen Alltag
bestimmen, und auf Augenhöhe mit den Kindern zu Fragen rund um das städtische
Zusammenleben anregten.
Im Zusammenspiel von Photographie und vielerlei Farben entstanden selbst
gestaltete Plakate, mit denen die Kinder ihren eigenen Wünschen, Vorstellungen, Fragen
und Antworten zu ihrem alltäglichen Stadtraum Ausdruck verleihen konnten.

Das Vermittlungsprogramm wird ermöglicht durch den Bildungsverbund „Educationnetzwerk der kommunalen Galerien“ und gefördert durch das Programm „Lokale Bildungsverbünde nachhaltig sichern und stärken“ der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie.

Workshopleitung:
Felix Janiszewski, Vreda Marschner, Johannes Richter

Begleitend zur Ausstellung:
Matthieu Martin — ZURÜCK BLEIBEN
2.10.2021 – 6.11.2021
www.galerieweisserelefant.de
In Kooperation mit dem Fachbereich
Kunst, Kultur und Geschichte des Bezirksamts Mitte von Berlin

ZURÜCK BLEIBEN 2. 10. – 6. 11. 2021

MATTHIEU MARTIN – ZURÜCK BLEIBEN

2. 10. – 6. 11. 2021

ERÖFFNUNG: SAMSTAG 2. 10. 2021 │ 13 – 19 UHR

 

Video: Elma Riza

Matthieu Martin scheint als Künstler „verrückt“ zu sein, wie man einen Stuhl verrücken kann oder – in größerem Maßstab: die Welt aus den Angeln heben. Dabei entstehen die Sprünge in seinem Werk gerade aus dem Interesse an eben dieser Welt, im Großen wie im Kleinen. Und immer ist in der Begegnung mit ihm, dem Werk, auf beides zu achten: Distanz und Nähe zugleich.

Allein die „Sprünge“ können ganz Verschiedenes bedeuten, sprichwörtlich eben wie der „Sprung in der Schüssel“ für einen, der etwas „neben der Tasse“ steht, die wiederum auch einen Sprung haben kann und, so hübsch sie sonst auch sein mag, einfach unbrauchbar ist.

Gleiten wir ab? Ja, genau wie den Künstler die Bedeutungen „neben der Spur“ interessieren: die Absperrungen zum Beispiel, die uns von wertvollen Kunstwerken trennen und diese vor uns schützen sollen. Dabei fällt ihm auf, dass etwas auch deshalb wertvoll scheinen oder gar werden kann, weil es nicht erreichbar ist.

Der Abstand kann dafür nicht selbst verantwortlich sein, denn dann müsste in uns das Gebot der Distanz sofort für jeden fremden Menschen mehr Achtsamkeit erwecken. Oft aber scheint genau das Gegenteil wahr zu sein. Also muss wohl die Intimität zum anderen den Ausschlag geben, wie stark uns die Trennung von ihm berührt. Weiter Entfernte bleiben dagegen nicht nur fremd, sondern werden gern noch mehr auf Abstand gehalten als zuvor. Überraschend näher kommt uns trotzdem das Leid der anderen, wenn es nur weit genug wegbleibt – eine überaus überraschende Regung des menschlichen Gemüts.

Diese Gedanken führen nicht von der Kunst weg, sondern vielmehr zu ihr hin. Denn es gilt heute mehr denn je die Frage, wie Emotionen zu vermitteln sind zwischen Resignation und Zuversicht, für die es wohl zugleich keinen oder jeden Grund gäbe. Die Arbeit von Matthieu Martin wird in diesem Sinn wirksam, dass sie die Aufmerksamkeit auf Details wie zugleich auf größere Zusammenhänge verlangen und fördern kann. Sie sind allgemein auf Steigerung von Aufmerksamkeit aus, wie wir es auch von komplizierten Musikstücken und anderen avancierten Werken kennen.

Man kann in einem (nicht nur) profanen Sinn von einer Kunst der Offenbarung sprechen, weil sie unsere Sinne auf die Wahrnehmung von Zusammenhängen des Großen & Ganzen richtet, die wir sonst nur allzu gern verdrängen. Philosophische Texte reagieren schon sehr viel länger auf solche Fragen, seit dem Beginn des Industriezeitalters. Völker mit natürlich gebliebenen Wurzeln im ursprünglichen Wissen um die Kräfte und Balancen des Kosmos mahnen gar seit dem Beginn der „Zeit“, diese Welt mit Liebe zu achten.

In einem dagegen vielleicht banalen, aber sehr schönen Text zum Ende unserer Existenz sagt Peter Trawny („Ins Wasser geschrieben“), der zum Weltenende nicht ganz zu Unrecht auch Ausbrüche von Gewalt befürchtet: „Die Gemeinschaft des Todes könnte in eine einzigartige Gemeinschaft der Verlorenen, der Liebe umschlagen. Unendliche Zuwendung – alles wäre Abschied, alles Nähe, alles Verlust. Wir würden die letzten Entscheidungen frei treffen. Aber es wird zu spät gewesen sein“. Wir sind so frei…